Der Film "Die Ecke" lädt auf eine Tatort-Begehung ein. Der Tatort liegt an einer Straßenecke in Thüringen. Dort starb im Zweiten Weltkrieg ein junger amerikanischer Soldat. Das Foto von ihm wurde zum Titelbild der New York Times und bewegt bis heute das Dorf. Der Film geht den Erinnerungen der Bewohner*innen u.a. mit neuesten kriminalistischen Methoden nach. Mit Virtual Reality Film reist der Film in der Zeit zurück. Er zeigt anhand eines einzelnen Fotos, wie tief Krieg wirkt und wie vielschichtig und bedeutsam Erinnerung ist.
Das Bild wurde am 4. April 1945 kurz vor Kriegsende aufgenommen. Darauf scheint ein Soldat zu fliehen. Ein Panzer fährt. Ein Soldat liegt bewegungslos auf dem Boden. Amerikanische Truppen marschierten in Oberdorla ein. Aus dem Dorf gab es Gegenwehr. Bei dem Gefecht starb angeblich Robert V. Wynne aus Texas. Er war 19 Jahre alt und der augenscheinlich tote Soldat auf dem Foto. Kurz nach dem Krieg wurde dieses Foto zu einem der hundert besten Kriegsfotos gekürt.
Wirklich bekannt wurde es jedoch erst durch das Internet, als jemand das Bild kolorierte und in einer Online-Galerie eine Aufnahme der heutigen Straßenecke gegenübergestellt hat. Dieser Vergleich ging viral. Früher - heute. Auf der Aufnahme der Ecke heute scheint sich kaum etwas geändert zu haben. Nur der Krieg ist verschwunden. Doch ist er ganz fort?
Der Film geht den Erinnerungen der Bewohner*innen an der Ecke und der Angehörigen der Menschen auf dem Foto nach. In der Montage werden Dokumentarfilmaufnahmen, digitale Animation und Archiv-Material verwebt, um so zwischen den Zeit-Ebenen neue Bezüge herzustellen. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verbinden sich. In einer Zeit, in der die letzten Zeitzeug*innen des Zweiten Weltkriegs sterben, zeigt der Film wie komplex und bedeutsam Erinnerung ist.
(ARTE 21.11.2022)
MDR Dok wurde auf MDR ausgestrahlt am Montag 2 September 2024, 00:45 Uhr.